Guben und Rock Tech Lithium

Jan. 2023

RCK.V ist wieder eine dieser Aktien, die auf schmalbrüstiger Basis großartige Erfolge in Aussicht stellen. Rock Tech Lithium ist eine der Firmen, die der deutschen Automobil-Industrie aus der Klemme helfen will. Denn Lithium wurde im Zuge von Elektromobilität und Umstieg auf erneuerbare Energien zu einem knappen Gut. Europa, das so gut wie keine Abbaugebiete an Lithiummineralien noch Verarbeitungsanlagen zur Gewinnung von Li-Karbonat, Li-Oxid oder Li-Hydroxide besitzt, steht mit seiner Automobilindustrie besonders unter Druck. Lithium kommt im Wesentlichen aus lediglich vier Ländern: Australien (fast 50%), Chile (22%), China (17%) und Argentinien (knapp 8%). Zudem verstärkt China durch den Besitz der größten Lithium-Verarbeitungskapazitäten den Druck auf die europäische Industrie noch weiter.

Europa

Europa lechzt gewissermaßen nach eigenen Lithium-Vorkommen und Verarbeitungsanlagen und eröffnet damit das Rennen um Auswege.

An dem beteiligen sich in Europa folgende Firmen mit Projekten:

  • Savannah Resources Plc (SAV.L), Portugal, einzige Produktionsstätte in EU
  • Vulcan Energy Resources Limited (VUL.AX), Rheingraben, solebasiert
  • Imerys S.A. (IY4.F), Frankreich
  • European Metals Holdings Limited (EMH.L) – Cinovec Project in CZ
  • Rio Tinto in Serbien, Projekt gestoppt
  • Infinity Lithium (ASX:INF) mit dem San Jose Projekt in Spanien
  • European Lithium Limited (EUR.AX), Wolfsberg
  • Keliber Oy (private), Finnland, Keliber is a Finnish mining company that seeks and develops lithium-rich spodumene pegmatite deposits in Ostrobothnia (Südwest-Finnland).
  • Größter Fund seltener Erden in Europa, welche Rolle?
  • Zinnwald-Lithium-Projekt im Erzgebirge mit drei Lizenzen (Sadisdorf, Falkenhain und Altenberg) unter Führung von Zinnwald Lithium Plc (ZNWD.L), an der Bacanora Lithium mit 44% beteiligt ist.

Alle genannten Lithium-Projekte kommen seit Jahren nicht voran. Selbst wenn, würden sie nur marginal zur Versorgung beitragen. Aber nach dem Motto, jeder auch noch so kleine Beitrag ist ein Beitrag, wird versucht, die Projekte zum Erfolg zu bringen.

Kanada

Die Situation in Kanada ist im Wesentlichen nicht besser. Kanada hat ebenfalls keine Produktion an Lithium, besitzt aber große Spodumen-Lagerstätten und solebasiertes Lithium. 18 börsennotierte Firmen sind an deren Erschließung interessiert.

Als eine davon besitzt Rock Tech Lithium Inc. einen 100%-Anteil am Georgia Lake Lithium Projekt im Thunder Bay Bergbaurevier. Das Projekt befindet sich noch im Genehmigungsverfahren. Wann eine Produktion frühestens beginnen könnte, ist offen. Laut Bilanz 2021 wurde das Projekt um 1,4 Mio. CAD erworben und hat einen bilanzierten Wert von 4,5 Mio. CAD. (Bilanz 2023: bilanzierter Wert: 25,9 Mio. CAD; Net Asset Value: 77.786 CAD, also praktisch wertlos). Ende Nov. 2022 bewertete Rock Tech die Mine neu und bezifferte dabei die Erschließungskosten für den Mineralienabbau auf 192 Mio. CAD (ca. 130 Mio. EUR).

Rock Tech Lithium in Deutschland

Rock Tech Lithium hat seine Aktivitäten während der letzten Jahre auf Deutschland konzentriert und will in Guben (Brandenburg) jährlich 24.000 Tonnen Lithiumhydroxid für die Batterien von 500.000 Elektroautos produzieren.

Ein Interview von Kapitalerhöhungen.de mit Dirk Harbecke im März 2021 liefert dazu wenig konkrete Daten, sondern erzählt vom weltweit gigantischen Bedarf an Lithium für die Batterienproduktion, von aufgebauten Netzwerken, engen Kooperationen mit Instituten und Firmen zur Abnahme von Nebenprodukten. Das klingt beeindruckend, aber es gibt keine Produktion in Kanada noch konkrete Aussagen über die Projekte in Deutschland. Auch im Sept. 2022 gab es laut Finanzbericht noch keine Produktion in Kanada und die Assets der Firma bestanden lediglich aus abgeschriebenen Explorationskosten, vergleichsweise viel Cash und noch viel mehr an Defizit mit 108 Mio. CAD.

Im Februar 2022 berichtete rbb24 dann über Bauarbeiten für Europas erste Fabrik für Lithiumhydroxid, die laut dem mittlerweile ausgeschiedene CEO Markus Brügmann in 2024 die Produktion aufnehmen sollte. Rund 470 Millionen Euro sollten investiert werden, wovon via Kapitalerhöhung zusammen mit deutschen Investoren nur lächerliche 30 Mio. US-Dollar akquiriert werden konnten.

Focus Money berichtete am 01.10.2022 ROCK TECH LITHIUM : Ein wegweisender Stern geht auf, schließt aber mit:

Finanzielle Polster schmelzen bei Rock Tech derzeit schnell: Ende Juni 2022 standen in der Bilanz liquide Mittel in Höhe von umgerechnet 17 Millionen Euro – Ende Dezember 2021 waren es noch (umgerechnet) gut 42 Millionen Euro. Die Cash-Burn-Rate lag somit bei 4,2 Millionen Euro monatlich, was ein Investment riskant macht, sollten sich die Investoren nicht mehr spendabel zeigen – mit Umsätzen ist nämlich erst (Ende) 2024 zu rechnen.

Laut Handelsblatt vom 20.10.2022 verpflichtete sich Rock Tech Lithium in einer Vereinbarung mit Mercedes die Batteriezulieferer von Mercedes ab 2026 jährlich mit 10.000 Tonnen des Materials zu versorgen. Der Produktionsstart in Guben sollte Ende 2024 erfolgen. Und Handelsblatt schrieb:

Doch bisher liegen weder für den Konverter in Ostdeutschland noch für die Mine in Kanada Baugenehmigungen vor. Zudem muss Rock Tech noch Investoren für die kostspieligen Bauprojekte finden. Allein die Entwicklung der Raffinerie wird mindestens 470 Millionen Euro kosten. Der Aufbau der Mine wird vermutlich ebenfalls im dreistelligen Millionenbereich liegen.

Im Januar 2023 erteilte das Landesumweltamt die Genehmigung zum Beginn von Bauarbeiten in Guben. Es handelt sich um die Genehmigung für erste Bodenarbeiten und nicht um die vollständige Baugenehmigung

Ausblick

Fassen wir zusammen. Rock Tech Lithium RCK besitzt zur Gewinnung von Spodumen Schürfrechte an der kanadischen Mine Georgia Lake, die nicht produziert und deren Produktionsstart offen ist. Weiters beginnt RCK in Guben eine Verarbeitungsanlage für Lithium zu bauen, die mit dem kanadischen Lithiummineral befüllt werden soll. Mit dem produzierten Lithiumhydroxid sollen Batteriehersteller versorgt werden, zu denen als potenzieller Kunde Tesla Grünheide zählt.

Wie RCK die gestiegenen Kosten für den Bau in Guben finanzieren will bleibt offen. Es heißt, man spreche mit der staatlichen Bank KfW und der Europäischen Investitionsbank über Mittel. Außerdem reichte man zwei Anträge auf Fördermittel durch die landeseigene Investitionsbank ein.

Für Anleger schaut die Zukunft der RCK alles andere als rosig aus. Keine Produktion, kein Geld, kein Anlagenbau. Und um das integrierte Projekt zum Laufen zu bringen, braucht RCK nach eigenen Angaben mindestens rund 600 Mio. EUR. Im Finanzbericht vom Ende Sept. 2022 stehen 40 Mio. CAD (rund 28 Mio. EUR) an Cash.

Die Lage ist dieselbe wie bei European Lithium. Es fehlt den Junior Miners an viel Geld für die notwendigen Investitionen. Können keine Investoren, Kredite und Fördermittel gewonnen werden, so muss das Vorhaben scheitern. Nur die Platzhirsche wie Rio Tinto wären in der Lage solche Vorhaben zu stemmen und die scheitern oft an Einsprüchen gegen den Abbau wie im Fall in Serbien.

RCK Aktie

Rock Tech Lithium hat wie so viele kanadische Aktien eine lange Geschichte hinter sich. Sie begann mit der Gründung einer Junior Capital Pool Corporation namens Mad Jack Holdings. Aus dieser wurde eine Staccato’s Inc. und aus dieser wieder eine Gravity West Mining Corp. ehe daraus Anfang 2009 die Rock Tech Resources Inc. entstand. Die Firma war laut Finanzbericht vom Dezember 2008 ein Habenichts. Im April 2010 benannte sich die Rock Tech Resources Inc. um in die Rock Tech Lithium Inc. Bis 2021 tat sich am Aktienkurs rein gar nichts ehe es mit dem ersten Kurspush losging.

Im Januar 2021 berichtete Business Insider, dass Investor Peter Thiel fünf Prozent der Firma Rock Tech Lithium direkt und eine Option auf weitere fünf Prozent erworben habe und der deutsche Milliardär Christian Angermayer 20 Prozent an der Firma hält. Bei solch prominenten Beteiligungen war es logisch, dass der Aktienkurs explodierte. Der erste perfekte Push war gelungen. Manager Dirk Harbecke hielt sich allerdings im Interview über potenzielle Kunden und Anleger sowie mögliche Standorte sehr bedeckt. Und die Finanzexperten mahnten zu Vorsicht, weil Newcomer selten ins große Geschäft mit renommierten Verbrauchern kämen.

Dem ersten Kurspush folgte im Oktober 2021 ein zweiter, der wohl durch die Ankündigung des Erwerbs eines 12 ha großen Standorts im Industriepark Guben verursacht wurde. Danach verfiel der Aktienkurs.

Conclusio

Es gibt eine Menge großartiger Ankündigungen über Kooperationen, Netzwerke, Wirtschaftlichkeitsstudien und Erfolgsaussichten, die man bei Miningfeeds nachlesen kann. Konzentriert man sich aber auf Fakten, so beschleichen einem arge Zweifel. Das Ganze erinnert irgendwie – nur in viel größerem Maßstab und mit viel mehr Marketingeffekt – an ein Vorhaben, das ebenfalls in den neuen deutschen Bundesländern für Furore sorgen wollte. Es war eine Firma namens Sioplast, von der nichts mehr existiert, die es aber meisterhaft verstand, mit steten Ankündigungen die Investoren lange an der Stange zu halten.